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Samstag, 14. Februar 2015

Vom Pillendreher zum Tastendrücker

Viele sind der Meinung, dass dieses Fach unnötig ist. Auch wenn ich damit eher etwas alleine stehe, finde ich das Fach unglaublich interessant, spannend und in einigen Aspekten sogar wichtig. Die Rede ist von Geschichte, um genauer zu sein von der Vorlesung "Geschichte der Naturwissenschaften unter besonderer Berücksichtigung der Pharmazie". Betrachtet man den Klausurenplan, so ist der Einwand natürlich berücksichtigt. Die Vorlesung ist in keiner Weise klausurenrelevant und wird lediglich als Teil der Vorlesungsverordnung angeboten. Aber wir unser Professor auch erkläre, es ist wichtig zu verstehen, wie alles funktioniert, biologisch und chemisch betrachtet. Aber es ist auch wichtig zu wissen, wo wir und unsere Tätigkeit herkommen. Wir sollen wir etwas besser machen, wenn wir die Vergangenheit nicht kennen?


Ich muss aber leider zugeben, dass auch ich nicht immer bei der Vorlesung war. Hatte ich Dienstags kein Seminar mehr, so wäre Pharmaziegeschichte oft mal die letzte Vorlesung gewesen und da überlegt man sich dann in den letzten Wochen vor der Klausurenwoche schon genau, ob man die eine Stunde nicht besser ins Lernen investieren sollte. Aber das ist letzten Endes der Verordnung geschuldet und nicht dem Inhalt dieser Vorlesung. Wir haben das Glück einen Professor zu haben, der sich auch in seiner Freizeit mit dem Thema Geschichte der Pharmazie leidenschaftlich auseinander setzt und selbst zu einem gewissen Teil Zeitzeuge ist.


Den Abschluss der Vorlesungsreihe bildet wie in jedem Semester der Besuch der Pharmaziehistorischen Sammlung in der Brunswiker Straße (http://www.museen-am-meer.de/museen-am-meer/die-museen/medizin-pharmaziehistorische-sammlung/).
Bevor wir die Sammlung und das alte Offizin einer Hamburger Apotheke betreten durften, berichtete uns Herr. Prof. Dr. rer. nat. Wolfram Hänsel von seine eigenen Ausbildung und seiner Wahrnehmung der Apothekerberufes. Früher wurde alles per Hand hergestellt, jede Pille einzeln produziert und befüllt, die Salben gerührt und Teemischungen zubereitet. Dann entwickelten sich langsam die ersten Gerätschaften, die einzelnen Arbeitsschritte erleichterten. Es gab die ersten Fertigpräparate, die die Entwicklung des Apothekers zum Schubladenzieher hin förderten. Mit der Arbeit des heutigen Apothekers habe das allerdings auch nichts mehr zu tun. Er motivierte uns eigene Begriffe im Laufe unserer ersten Erfahrungen in einer Apotheke, z.B. während der Famulatur, zu suchen. Ein Begriffsvorschlag seinerseits war der "Tastendrücker", was auf die Arbeit mit dem Computer aufmerksam machen soll. Leider entwickele sich der Apothekerberuf immer mehr zu einem mit betriebswirtschaftlichen Charakteristika.

Aber ein kleiner Teil des ersten Semesters machte sich nun erst mal auf den Weg, um die Vergangenheit zu studieren. Was natürlich zuerst auffällt, wenn man die Räume betritt, ist diese antike Stimmung. Obwohl die Apotheke noch nicht besonders alt ist, sonder die Standards um 1900 zeigt und somit etwa 100 Jahre alt ist, hat man doch das Gefühl, dass man in einer längst vergangene Zeit eintaucht.
Wenn man die alten Verkaufsräume mit den meterhohen, rustikalen Holzschränken sieht, kommt man schon ein bisschen ins Schwärmen, da war ich nicht die Einzige.

Wir wollen den Fortschritt fördern, deshalb gibt es das Pharmazeutische Institut und die Lehre wird an den aktuellen Wissensstand angepasst. Aber die Grundlagen sind schon seit Jahrzehnten bekannt.
Als ich so durch das Offizin der alten Apotheke gegangen bin, fiel mir auf, wie viel ich durch die Pharmazeutische Terminologievorlesung schon verstand. Die Beschriftungen auf den Glasgefäßen folgen gewissen Schemata, die wir in Terminologie mühsam, aber manchmal auch mit der ein oder anderen unterhaltsamen Kurzgeschichte, erlernt hatten. Latein ist elementar, aber mein Latinum hat mir nicht wirklich was gebracht, abgesehen vielleicht vom Gefühl für die Sprache, das ich dadurch mitbrachte.
Grob kann man sich aber auch erst mal die Beschriftung anschauen. Schwarze Schrift auf weißem Grund sind nicht gift, ist die Schrift rot wird es schon gefährlicher und im Giftschrank sind die Gefäße mit schwarzem Schild und weißer Schrift eingeschlossen.


Die Gerätschaften sehen zum Teil so aus, als kämen sie auch einem Alchemielabor, aber sie waren tatsächlich Bestandteil des Apothekerberufs um 1900. Hier wird einem bewusst, wie handwerklich der Beruf doch eigentlich ist und heute auch noch, auch wenn vieles mittlerweile automatisiert wurde.
Auf dem Bild sind die Stangen zur Tablettenherstellung zu sehen, dahinter die klassische Waage, nur die Gegengewichte fehlen hier.
Unser Professor konnte genau erklären, die die Geräte benutzt wurden, teilweise sogar noch aus eigener Erfahrung. Zum Abschluss konnte wir uns noch einmal ganz frei durch die Ausstellung bewegen und uns die Dinge genauer anschauen, die uns am meisten interessierten. In meinem Fall der hölzerne Verkaufsraum ganz zu Anfang der Ausstellung. Den Flair, den man spürt, wenn man durch die Sammlung geht, kann man nicht beschreiben, es ist schon einzigartig, als wäre man tatsächlich in der Zeit zurückgereist.
Danke, dass wir diese Möglichkeit bekommen haben!