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Samstag, 24. Dezember 2016

Was macht Leinsamen so besonders?

Kennt ihr diesen Fitness/Healthy-Lifestyle Trend, der durch das Internet spuckt? Euch sagt der Begriff "Smoothie-Bowl" etwas und ihr kennt das Superfood "Chia-Samen"? Ihr seid gerade mal wieder dabei eine Detox-Kur durchzuführen, denn es ist ja wichtig den Körper zu entgiften? Dann wisst ihr auch, dass ihr euch neben Nüssen und Früchten auch Leinsamen über euer Frühstück streuen könnt und das in irgendeiner mysteriösen Art und Weise dann auch tatsächlich nicht nur schön aussieht, sondern irgendwie auch gut für den Körper sein soll.

Keine Angst, wenn du zu denen gehörst, die von diesen Trend noch nichts gehört haben. Wissenschaft funktioniert auch ohne Trends. Und hier kommt die Wunderwaffe, die die Leinsamen unter ihrer Schale verstecken: Schleimstoffe.

Hier gibt es mal kein Wort, dass die Stoffe und chemischen Verbindungen fachchinesisch benennt und ausnahmsweise lässt sich aus dem Wort schon sehr gut ableiten, was diese Stoffe machen.

Schleimstoffe sind Polysaccharide, also Kohlenhydrate. Sie sind aus mindestens 10 Monomeren, also kleineren Untereinheiten aufgebaut. Dies spricht schon dafür, dass es sich hierbei um große Moleküle handelt. Sichtbar sind die einzelnen Molekühle zwar immer noch nicht mit dem menschlichen Auge, aber vergleicht man sie mit z.B. Wassermolekülen oder Kohlenstoffdioxidmolekülen, so sind Polysaccharidmoleküle wahre Riesen.

Diese Moleküle befinden sich also in unseren unscheinbar aussehenden Leinsamen. Kommen diese nun mit Wasser in Berührung, so wird dies in die Zellwände aufgenommen und bildet Schleime, die meist sauer, uronsäure-haltig und unverdaulich sind. Daher bezeichnet man sie auch als Ballaststoffe. Dieser Schleim wirkt dann reizlindernd, vermindert die Resorption (da die Schleime unverdaulich sind) und puffernd.

Diese Schleimbildung sorgt für eine Reihe von Anwendungsgebieten für Schleimstoffdrogen. Denn nicht nur in Leinsamen sind Schleimstoffe enthalten.

http://www.br.de/br-fernsehen/sendungen/wir-in-bayern/service/heilen-leinsamen-adelheid-lingg-104~_v-img__16__9__l_-1dc0e8f74459dd04c91a0d45af4972b9069f1135.jpg?version=6f88a

Leinsamen wierden bei Beschwerden des Magen-Darm-Traktes eingesetzt: Durch die Quellung der Samen im Magen oder Darm, wird das Füllvolumen erhöht und der Entleerungsreflex ausgelöst. Gleichzeitig wird dadurch die Damperistaltik (Darmbewegung) angeregt. Bei Verstopfung (auf schlau auch Obstipation genannt) wirken Leinsamen daher wahre Wunder und sind gleichzeitig ein sehr darmschonendes Abführmittel, da die Schleimstoffe nihct nur das Füllvolumen erhöhen, sondern auch eine schützende Schicht ausbilden.

Anders dosiert können die Samen auch gegenteilig angewendet werden: Bei Durchfall, also wenn der Stuhl zu flüssig ist, können die Samen die Flüssigkeit und Toxine (Giftstoffe) binden. Dabei quellen die Schleimstoffe ebenfalls, verfestigen durch die Wasserbindung aber den Stuhl.

Diese Schleimschicht kann auch in anderen Körperregionen gewünscht sein, wie z.B. bei trockenem Husten = Reizhusten im Mund und Rachenraum. Hier verwendet man aber keine Leinsamen, sondern Eibischblätter, Isländisch Moos oder Huflattichblätter.Der Schleim der durch die hier ebenfalls enthaltenen Schleimstoffe entsteht, bedeckt die Schleimhäute, beruhigt diese und schützt gleichzeitig vor neuen Erregern. So kann der Hustenreiz gelindert werden und die Schleimhäute können sich erholen und abschwellen.

Bei Diabetes mellitus will man mit Schleim aus den Bockshornsamen oder Guar den Magen und Darm überziehen, ähnlich wie bei Obstipation. Hier dient diese Schleimschicht dann aber nicht nur dem Schutz der Magen- und Darmschleimhäute, sondern legt sich über diese, damit kein Kohlenhydrate und Zucker mehr aufgenommen werden können bzw. die Aufnahme (Resorption) reduziert wird. Somit gibt es keinen plötzlichen Glucosenasnstieg und keine erhöhte Insulinausschüttung.

Pflanzliche Drogen gehören insgesamt zu den eher milderen Therapeutika. Sie können zur Behandlung leichter Erkrankungen eingesetzt werden. Viele Fertigarzneimittel sind nicht verschreibungspflichtig und Teemischungen sind sowieso frei verkäuflich. Tritt keine Besserung ein, ist aber in jedem Fall ein Arzt aufzusuchen und eine härtere Therapie von Nöten. Gerade mit Kleinkindern und Säuglingen sollte man als erstes den Arzt aufsuchen, weil hier schnell eine leichte Erkrankungen lebensbedrohlich werden kann, wie z.B. auch leichtes Fieber oder Husten. Lasst euch von eurem Apotheker ausführlich beraten.

Ach und an alle Chia-Fanatiker da draußen: Chia Samen machen im Grunde genau das Gleiche wie Leinsamen. Mit einem Unterschied: Sie kosten locker mal das Fünffache. Damit Gute Nacht an euch alle!

Freitag, 29. April 2016

Osteomalazie oder Hautkrebs? Sonne oder Fisch?

Willkommen in der Vorlesung "Ernährungslehre". Diese Vorlesung bieten eine interessante Verbindung zwischen der Chemie und der Biologie bzw. Anatomie und hat dazu noch einen Praxisbezug. Ernährung betrifft uns alle. Die einen machen sich mehr Gedanken über ihre eigene Ernährung, die anderen weniger. Hier geht es aber nicht un "Trend-Food", Kalorien und sonstige Fitness-Hypes, hier geht es vielmehr um einen naturwissenschaftliche Betrachtungsweise. Was passiert mit dem Körper, wenn bestimmte Stoffe fehlen? Bei welchen Stoffe ist ein Mangel kritisch, bei welchen unkritischer? Warum sind manche Stoffe Spurenelemente? Kann zu viel auch schlecht sein oder was passiert bei einer Überdosis?

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Heutiges Stichwort sind die Vitamine. Man unterscheidet zwischen fett- und wasserlöslichen Vitaminen. Dazu gibt es eine Eselsbrücke, die die meisten vermutlich noch aus dem Biologieunterricht in der Schule kennen: Die fettlöslichen Vitamine sind die EDeKA-Vitamine. Mit dem Supermarkt hat das leider nichts zu tun, vielmehr steht jeder Buchstabe für das jeweilige Vitamin, das zu dieser Klasse gehört, es gibt also vier fettlösliche Vitamine.

Viele Menschen haben einen Vitaminmangel. Eigentlich kann und muss man es drastischer formulieren. Jeder Mensch hat einen Vitaminmangel. Das geht aus der Statistik der Nationalen Verzehrsstudie (2008) hervor. Am häufigsten haben wir einen Vitamin D-Mangel, dich gefolgt von dem Mangel an Folsäure.
Dabei haben mehr Frauen einen Mangel an Vitamin D (ca. 90%), bei den Männern sind es rund 10 % weniger, Schauen wir uns dieses Vitamin doch einmal genauer an.

https://de.wikipedia.org/wiki/Vitamin_D#/media/File:Cholecalciferol2.svg


So sieht das Molekül aus. Die physiologisch aktive Form, also die chemische Form, die im Körper wirkt, wird auch als Calcitriol bezeichnet. Es leitet sich chemisch von den Stereoiden ab, allerdings liegt der vierte Ring geöffnet vor, weshalb man diese Gruppe Secostereoide nennt. (Ende des komplizierten Teils)

Vitamin D- Mangel liegt darin begründet, dass die meisten Menschen zu wenig in der Sonne sind. Die Vorstufe des Vitamins liegt nämlich schon im Körper vor, wird aber erst zu Vitamin D umgewandelt, wenn der Mensch UV-B-Strahlung (Sonnenlicht) ausgesetzt ist. Daher gehören zu den Risikogruppen vor allem Senioren, verschleierte Frauen und Bewohner von Regionen mit geringer Sonneneinstrahlung. Interessanter Weise ist der Anteil an Vitamin D-Unterversorgten auch in Gebieten mit hoher Sonneneinstrahlung sehr hoch, so liegt der Anteil im Mittleren Osten an Unterversorgten mit 82% sogar noch über dem europäischen Durchschnitt.
Erklären lässt sich diese Auffälligkeit mit der Bekleidung und dem Tagesablauf der Bevölkerung, der sich an die hohen Temperaturen angepasst hat und so selten zur UV-Exposition führt zum Schutz vor Überhitzung und Ähnlichem.

Denn damit die Synthese (Herstellung) von Vitamin D im Körper ablaufen kann, muss die Haut Sonnenkontakt haben. Sonnencreme verhindert dies sehr stark, das sie die Haut vor UV-B-Strahlung schützen soll. Wenn man sich mit Sommerbekleidung und Sonnenschutz draußen aufhält, so ist der Vitamin-D-Spiegel danach noch geringer, als wenn man Herbstkleidung angehabt hätte. Am effektivsten wäre es, ohne Bekleidung in die Sonne zu gehen. Eine kurze Zeit von 10-20 min mehrmals in der Woche reicht aus. Wird diese Zeit überschritten, ist die Gefahr von Hautkrebs und Sonnenbrand deutlich erhöht. Es gilt also ein gesundes Mass zu finden. Mit Sonnenschutz ist ein langer Aufenthalt in der Sonne notwendig, um den Vitamin D Bedarf zu denken, ohne Sonnenschutz geht man schnell ein hohes Risiko ein. Vitamin D-Synthese und Hautkrebs gehen also Hand in Hand.

Vitamin D aus der Nahrung aufzunehmen gestaltet such als äußerst schwierig, den das Vitamin kommt nur sehr selten und in geringen Dosen in der Natur vor. So wäre es z.B. notwenig jeden (!) Tag 15 Eier oder 3kg Mozarella oder 4.5 kg Sahnejoghurt zu essen. Die besten Vitamin D- Lieferanten sind Fisch (vor allem Hering), Pilze und Leber.

Ursprünglich wurde der Bedarf an Vitamin D auf 5 µg festgelegt, heute weiß man, dass eine Tagesdosis von 15-20 µg notwendig sind.

Aber was passiert, wenn ich nicht genügend Vitamin D zu mir nehme? Mir geht es gesundheitlich sehr gut, aber wahrscheinlich habe auch ich einen Mangel am Vitamin D.
Dieses Vitamin hat wichtige Aufgaben. Es hält den Calcium- und Phosphathaushalt im Körper im Gleichgewicht und seine Zielorgane sind vor allem Knochen, Niere und Darm.
Die häufigste Mangelerkrankung ist daher bei Kinder die Rachitis (Erkrankung des wachsenen Knochens, es kommt zu Knochenverformung) und bei Erwachsenen die Osteomalazie (Knochenerweichung).

Bei einer Überdosis kommt es zu Erbrechen, Durchfall, Kopf- und Gelenkschmerzen und Nierenversagen (Betroffen sind alle Zielorgane).

Es wird vermutet, das Vitamin D Mangel noch weitere Einflüsse hat, hier ist es allerdings noch nicht bestätigt. So nimmt man z.B. an, dass es für die Blutdruckregulation eine wichtige Rolle spielt, da man beobachtet hat, dass der Blutdruck der Bevölkerung linear zur ansteigt, je weiter man sich vom Äquator entfernt, und dass der Blutdruck im Winter bei uns wesentlich höher ist als im Sommer.
Außerdem könnte es sein, dass Vitamin D die Todesrate von Krebspatienten senken und vor Krebs schützen kann (wird vermutet bei Kolonkarzinomen und Mammakarzinomen; Darmkrebs und Brustkrebs).

Vitamin D ist also ein Allroundtalent? Würde ich so unterschreiben. Ein Mangel ist in keinem Fall positiv und es ist erstaunlich, dass so viele Menschen einen Mangel aufweisen.
Man kann die Synthese auf natürlichem Wege in den Griff bekommen. Wer die Zeit nicht hat und nicht gerne im Freien ist, kann auf Vitamin D- Präparate zurückgreifen. Diese müssen meist nur einmal in der Woche eingenommen werden und bekommt man rezeptfrei in der Apotheke.

Eigentlich kann man gut selber abschätzen, ob bei einem ein Mangel vorliegt. Ist Ihre Ernährung frei von Fisch? Sind sie fast nie / sehr selten an der frischen Luft und wenn doch nur für wenige Stunden nach dem Feierabend?

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Soweit zur ersten Ernährungslehrevorlesung. Ich fand es sehr interessant. Vitamin D Mangel ist weit verbreitet, aber ist an sich nicht sehr schlimm, ich würde behaupten, dass ein Calciummangel drastischere Folgen hat. Trotzdem ist es gerade bei den Risikogruppen und z.B. Schwangeren nicht zu unterschätzen. Ein Arzt kann aber leicht den Spiegel bestimmen.
Ich persönlich tendiere aber eher zu einer Ernährungsumstellung. Einmal die Woche Fisch zu essen ist ein guter Anfang. Zweimal ist wahrscheinlich noch besser.
Außerdem finde ich es interessant, dass man über Vitamine versuchen kann, Bluthochdruck in den Griff zu bekommen. Bevor man die harten Blutdrucksenker nimmt, die ja immer mit Nebenwirkungen verbunden sind. Ein bisschen Fisch ist da doch ein guter Kompromiss. Es sei denn, es schlägt nicht an und der Bluthochdruck hat andere Ursachen. Oder man mag keinen Fisch.